3. Etappe: Nischni Novgorod

Wir fahren Zug, und zwaaaaar….. tadadadadaaaaa…. Trommelwirbel… mit dem ersten der Transibirischen Route!! Was wir leider mit unseren großen Mundwerken, zu schnellen Tippfingern und dem Vertrauen darauf, dass wir damit schon irgendwie durchkommen würden, unterschlagen bzw. sogar falsch verbreitet haben ist, dass wir auch Transibirischen Eisenbahn fahren – eigentlich eine glatte Lüge, denn dann müssten wir bis Vladivostock fahren. Da wir aber davor, nämlich beim Baikalsee abbiegen und in bzw. durch die Mongolei bis nach China wollen, fahren wir eigentlich Transmongolische Eisenbahn. Tun wir doch aber einfach mal so, als hätten wir der Verständlichkeit halber gelogen (was in diesem Fall dann tatsächlich wiederum keine Lüge wäre).Wir sind also heute in den 1. Zug dieser Route gestiegen, eine Bummelbahn etwa vergleichbar mit einem RE oder vielleicht IRE in vier Stunden von Moskau nach Nischni Novgorod gefahren. Eine Winzigkeit von einer Stadt mit nur ca. 1,2 Millionen Einwohnern. Daher war auch unsere Ankunft ganz anders als in Moskau oder St. Petersburg – wir hatten das Gefühl, nun doch mehr in Russland wie wir es uns vorgestellt haben, angekommen zu sein. Wir verstehen super wenig und stehen ständig stundenlang vor irgendwelchen Schildern, um sie zu lesen – doch was wirklich richtig schön ist, ist die Hilfsbereitschaft der Leute. Wir hatten zuvor schon gelesen, dass Russen oft richtig Freude daran haben, Fremden zu helfen, und kaum stiegen wir aus dem Zug und versuchten, herauszufinden an welcher Haltestelle unser Bus zum Hostel fuhr, sprachen uns zwei Frauen an, die zwar selbst nicht genau wussten was zu tun war, dann aber ein Handy zückten und jemanden anriefen, der englisch sprach und uns den Weg zu unserem Hostel erklärte. Als Menschenmasse sind die Russen nach unseren bisherigen Erfahrungen eher ruppig, man bekommt öfter mal eine Tür (und die können schwer sein) oder einen Ellenbogen ins Gesicht oder wird gedrückt und geschoben, im persönlichen Kontakt hatten wir in der kurzen Zeit allerdings fast nur sehr positive und außerordentlich nette (und meist humorvolle) Begegnungen.

Nischni Novgorod: Laut, ein bisschen lauter… Wer die lauteste Mukke hat, gewinnt!

Und nun neigt sich auch schon unser kurzer Aufenthalt in Nischni dem Ende. Wir waren einen Abend, eine Nacht und den heutigen Tag hier und tatsächlich bekommt man von der angeblichen Million Einwohner nur sehr wenige mit; vornehmlich die nämlich, die in der Fußgängerzone (dem unangefochtenen Mittelpunkt der Stadt, hier ballt sich alles und außen rum flacht alles ab) versuchen, sich gegenseitig mit ihrem Lärm zu übertönen: Musik aus unendlich vielen Boxen aus verschiedenen Restaurants und Bars, eine unüberschaubare Anzahl an Straßenmusikern, eine eigenwillige Zusammenstellung an unterschiedlichst verkleideten Flyerverteilern, gerne auch mit Mikrofon (heute sahen wir einen mit Kindern tanzenden und laut schreienden Gnom zusammen mit Elmo aus der Sesamstraße, Mickey Mouse und Harry Potter auf einem Fleck stehen…. in Reichweite natürlich auch das Mädchen im Clownskostüm und der lebende Transformer).Wie gesagt beschränkt sich (zumindest gehen wir nach unserer Erkundungstour heute davon aus) das Getümmel auf eine Straße- der Rest der Stadt ist eher ruhig. Vom Kreml aus (was wohl so viel „Festung“ bedeutet), der eine Miniatur des Kremls in Moskau ist und in dessen Innenhof man ausgestellte Panzer findet, hat man ein wundervolles Panorama auf die beiden Flüsse, die hier zusammenfließen. Über eine riesige Treppe gelangt man vom auf einem Berg gelegenen Kreml hinunter zur Promenade – hier gibts, wie bisher in allen (beiden) Städten die wir besucht haben – Bootstouren.Nachdem wir uns heute selbst ein Abendteuer eingebrockt haben und eines unserer Handys verloren haben, es dann aber wiederbekamen indem wir mit der russischen Frau telefoniert hatten, die es gefunden hatte (wirklich aufregend, denn der Verständigungsgrad war doch eher dilettantisch), verbrachten wir den Rest des Tages damit, durch die Stadt zu schlendern und einen in Deutschland undenkbaren Minizoo, untergebracht in einem Keller und mit unter im wahrsten Sinne des Wortes unterirdischen Bedingungen gehalten Tieren (hauptsächlich Vögel und Reptilien) zu besuchen – das Plakat war wohl doch nicht für ein Naturkundemuseum…Fazit: Schöne Stadt, ein Tag ist perfekt und reicht für die Altstadt gut aus, außer man möchte etwas weiter vom Zentrum entfernte Ziele wie den Zoo oder Freizeitpark ansteuern.

4. Etappe: Perm

Nach unserer zweiten Nacht im Zug erreichten wir Perm, wo wir 23 Stunden verbracht haben, um dann wieder in den Zug nach Jekatharinburg zu steigen. Dabei haben wir den Verdacht geschöpft dass unser erster Nachtzug von Sankt Petersburg nach Moskau außerordentlich modern war, denn diese beiden anderen Züge waren doch weit weniger komfortabel. Johannes ist auf jeden Fall immernoch zu lang und tatsächlich haben wir die Klimaanlage vermisst – bei ca. 30 Grad und stickiger Luft im Zug :).Von Perm waren wir sehr überrascht. Nachdem man am Bahnhof aussteigt und auf den ersten Eindruck denkt, nun habe man sich in die russische Einöde verirrt, hat die Stadt, sobald man hineinfährt, einen sehr modernen und künstlerischen Flair. Außerdem: Perm ist wohl Partnerstadt von Duisburg! Überall kann man verschiedene Skulpturen sehen und die meisten Leute sprachen englisch mit uns – wieder mal wahnsinnig hilfsbereit und nett.Nachdem wir in Nischni den Grundstein gelegt hatten für die Freizeitbeschäftigung sich gequälte Tiere anzusehen, statteten wir dem hiesigen Zoo einen Besuch ab – der feierte letztes Jahr 90jähriges Jubiläum und die Gitterstäbe waren wohl teilweise Original auch noch so alt. Ebenso natürlich die Standards für die Tierhaltung- (in 2 Tagen 3 Tucans gesehen… oder Tucäne? Tuci?) mittlerweile sind wir überzeugt davon, dass es nicht mehr lange dauert, bis wir hier auf fahrendes Volk treffen mit Wahrsagern und waschechten Tanzbären.Sonst haben wir in Perm keine nennenswerten Sehenswürdigkeiten ausmachen können – am zweiten Tag sind wir noch kurz durch einen kleinen Park spaziert, der Freizeitpark (hauptsächlich für Kinder) war – und dann ging auch schon wieder der Zug.

5. Etappe: Jekaterinburg: Wow, TOURISTEN!!!

So, nun nach leider einigen Tagen Wartezeit nun die Nachträge der vergangenen Städte :).

Unsere nächste Etappe nach Perm war Jekaterinburg – das – wie immer – überhaupt nicht so war, wie wir es uns vorgestellt hatten. Mitterweile sickert auch ganz langsam bei uns durch, dass es hier immer das Gegenteil von dem ist, was man sich so vorstellt.

Nach dem bisherigen Eindruck unserer Reise merkt man deutlich, dass Moskau die Hauptstadt und deutlich größer und geschäftiger ist als die anderen Städte. Die Sehenswürdigkeiten sind meist in relativ kurzer Zeit abgegrast (Kirche, Fluss, evtl. ein Park, meist ein Denkmal oder die zahlreichen Stadtbild verschönenden Statuen), und so ist es eigentlich auch in Jekatarinburg.

Praktischerweise hat sich die Stadt hier aber etwas sehr cleveres einfallen lassen, und so kam es, dass wir endlich auf die Rote Linie stießen – und zwar hier, im Ural, an der Grenze zwischen Europa und Asien.

Denn die rote Linie, die sich in einem (naja, sehr eckigen…) Kreis durch die Innenstadt zieht und die wir natürlich verfolgten, wie es sich für gute Touristen gehört, ist der Führer zu den Sehenswürdigkeiten wie: der Kirche, dem Park, dem flussähnlichen Kanal, zahlreichen Statuen die das Stadtbild verschönern UND! einem Tastaturdenkmal. Ja, richtig, eine überdimensionale Tastatur. Ziemlich lustige Sache eigentlich.

Was man in Jekaterinburg hervorheben muss, ist eine der Kirchen, und zwar die „Kirche auf dem Blut“. Dieser noch relativ neue Bau wurde am der Stelle errichtet, an dem das Haus stand, in das sich der Zar (der im Jahr zuvor abgedankt hatte) mit seiner Frau und seinen fünf Kindern zurückgezogen hatte und in dem die Zarenfamilie vor ganz genau 100 Jahren (vollkommen unabsichtlich sind wir genau zur… ähm…. Hundertjahr… feier? in die Stadt gekommen) von den Bolschewiken erschossen wurden.

Die Zarenfamilie ist inzwischen heilig gesprochen worden und die Kirche ist ein richtiger Pilgerort. Wir waren ja schon in einigen Kirchen und die Gläubigen scheinen zahlreicher als bei uns, aber die Blutkirche übertraf bisher alles. Wahnsinnig inbrünstige Gebete, weinende Bettler am Eingang, manisch betende Menschen. Und zwischendrin zahlreiche Bilder der Zarenfamilie als Heilige.

Und ein weiteres Highlight dürfen wir natürlich auch nicht verschweigen. Anlässlich dieses 100-jährigen Todestages (oder so haben wir es zumindest verstanden) und vielleicht auch ein bisschen wegen der WM waren in der Stadtmitte einige „Wir-sind-Jekaterinburg-im-schönen-Ural-Zelte“ aufgebaut – wo wir spontan bei einem Bastel-deine-eigene-traditionelle-russische-Strohpuppe-Workshop waren (wo unser Dasein als Tourist seinen bisherigen Aufregungshöhepunkt fand, denn die Mädels, die dort im Zelt an den Ständen arbeiteten, konnten ihr Glück kaum fassen zwei deutsche Touristen, die dazu noch mit dem Zug durch das ganze Land fuhren, erwischt zu haben und durchlöcherten uns mit Fragen… ebenso wie der Barkeeper später am Tag. Also vor allem die etwas jüngere Generation ist bisher immer wahnsinnig interessiert und freundlich und auch unglaublich erstaunt uns zu sehen :)) Was aber auch heißt: Wir sind nun beide stolze Besitzer wunderschöner, kleiner, vodooähnlicher Puppen!!